Bridging the Gap: Transformation in Care & Technology
Abschlusstagung des Projektes TransCareTech

Bielefeld, 24.02.2025 – Mit der feierlichen Abschlusstagung am 12. und 13. Februar 2025 erreichte das Forschungsprojekt „Transformation in Care & Technology“ (TransCareTech) einen bedeutenden Meilenstein. Das Projekt, das Teil des Forschungsverbundes „CareTech OWL. Zentrum für Gesundheit, Soziales und Technologie“ an der Hochschule Bielefeld ist, wird seit November 2021 unter der Leitung von Prof. Dr. Udo Seelmeyer (FB Sozialwesen), Prof. Axel Schneider (Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik) und Prof.in Dr. Annette Nauerth (bis 03/2024, Fachbereich Gesundheit) mit zahlreichen Postdoktorand:innen und Professor:innen aus vier Fachbereichen durchgeführt. Im Rahmen der Tagung wurden spannende, innovative Ergebnisse der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in vier thematischen Schwerpunkten präsentiert: (1) Digitalisierung im Alter und innovative geriatrische Versorgung, (2) CareWork & Technology, (3) Gesundheitsdaten und Large-Language-Models in der Versorgungspraxis sowie (4) Inter- und transdisziplinäre Forschung zu Transformation in Care & Technology. Die Veranstaltung bot Kolleg:innen aus Wissenschaft und Praxispartner:innen eine Plattform zum intensiven inter- und transdisziplinären Austausch. Das Projekt wird im Rahmen der Förderlinie „Profilbildung 2020“ vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW (MK NRW) gefördert und läuft zum 30. April 2025 aus.
Bridging the Gap: Einblicke in aktuelle Forschungs- und Entwicklungsarbeiten
Nach der Begrüßung durch die Präsidentin der Hochschule Bielefeld, Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk und die Moderator:innen Prof.in Dr. Annette Nauerth und Dr. Marén Schorch wurde die Konferenz mit zwei Beiträgen eröffnet: mit einer Vorstellung der inhaltlichen Rahmung und zentralen Leitfragen des Vorhabens durch die Projektleitung und mit einer Reflexion zu „Transformationen im Sozial- und Gesundheitswesen: zwischen Momentaufnahmen und ganzheitlichen Betrachtungen“ von zwei TransCareTech Postdocs, Dr. Mariya Lorke und Dr. Marcel Siegler. In ihrem Beitrag wurde diskutiert, wie soziale, politische und technologische Entwicklungen Transformationsprozesse vorantreiben und wie bereichernd eine soziotechnische Perspektive in diesem Kontext ist. Im Fokus standen die Wechselwirkungen zwischen Mensch, Technik und Gesellschaft sowie die Notwendigkeit einer kollaborativen, barrierefreien und gerechten Gestaltung dieser Transformationsprozesse. Der hier zugrunde liegende und vom Autorenteam (mit Prof. Dr. Kolja Heckes und Dr. Kamil Wrona) herausgegebene Sammelband wird im Frühjahr 2025 beim Verlag Beltz erscheinen.
Den Hauptteil der beiden Tage bildeten vier thematische Panel, in denen die vielfältigen Arbeiten aus dreizehn Teilprojekten (s. hier) geclustert präsentiert, anschließend von geladenen Expert:innen aus der Praxis kommentiert und mit dem Publikum diskutiert wurden:
Panel 1 konzentrierte sich auf Digitalisierung im Alterund innovative Konzepte der geriatrischen Versorgung (Moderation: Prof.in Dr. Rena Amelung, Kommentierung: Dr. Stephan Held (KHO) und Tim-Axel Nieke (AWO)). Dr. Thomas Buhl präsentierte hier Ergebnisse der Panel-Studie „Ageing@BI“ (Altern in Bielefeld) und verdeutlicht, dass digitale Technologien ab 65 Jahren durchaus stark verbreitet sind und intensiv genutzt werden. Über 90% der Befragten kommunizieren digital, nutzen für ihre Unterhaltung und Bankgeschäfte digitale Angebote. Bezogen auf ihre Gesundheit, wird der direkte, analoge Arztkontakt weiterhin bevorzugt, allerdings belegen die Daten auch eine starke Nutzung von digitalen Hörgeräten und Angeboten für das eigene Monitoring, etwa bei Diabetes. Ein weiterer Fokus lag auf dem Bielefelder Reallabor Geriatrie, das von Dr. Tim Herzig vorgestellt wurde. Dieses bildet eine kollaborative Plattform von neun Partnern aus Forschung und Praxis in Bielefeld (u.a. HSBI, Franziskus Hospital, Praxis Dr. Klemm), die innovative Versorgungskonzepte, u.a. eine mobile geriatrische Reha mit assistiven Gesundheitstechnologien etablieren wollen. Damit soll die Versorgung multimorbider älterer Menschen verbessert und die Lücke zwischen spezialisierter Klinikversorgung und selbstständiger Versorgung im häuslichen Bereich geschlossen werden.
Panel 2 widmete sich der „CareWork & Technology“ (Moderation: Prof.in Dr. Vivian Carstensen, Kommentierung: Michaela Evans-Borchers (IAT) und Petra Krause (vBS Bethel)). Dr. Thomas Buhl eröffnete mit der Vorstellung der zweiten wichtigen Panel-Studie des Projektes, „CareWork@BI“, und berichtete dabei über Einstellungen zu und Einfluss von digitalen Technologien in der professionellen Pflege in Bielefeld. Diese sind Teil des Berufsalltags, doch in Bezug auf die Zufriedenheit zeigt sich Verbesserungspotential. Die Arbeitszeit der Pflegenden verteilt sich dabei auf Tätigkeiten direkt an der Person (eher analog) und indirekte Aufgaben (Dokumentation etc., eher digital). Die allgemeine Arbeitszufriedenheit liegt dabei im mittleren Bereich, mit einer höheren Zufriedenheit mit der eigenen Abteilung im Vergleich zu digitalen Technologien allgemein. Es gibt zwar wenige Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen denen mit wenig und viel digitaler Arbeitszeit, jedoch zeigen sich aktuell Muster zugunsten der Gruppe mit geringeren Anteilen digitaler Arbeitszeit.
Das Thema wurde in einer weiteren, diesmal qualitativen Studie von drei Postdocs (Dr. Marcel Siegler, Dr. Alexander Neumann und Dr. Thekla Stefanou) untersucht, die als interdisziplinäres Team – bestehend aus einer Ingenieurin, einem Informatiker und einem Sozialwissenschaftler – mit dem Thema „Pflegearbeit von Morgen gesund gestalten“ beschäftigt hatten. In ihrer Studie zur Nutzung von passiven Exosuits zur Unterstützung der körperlichen Arbeit von Pflegekräften in den vBS Bethel (etwa beim Heben von Patient:innen) betonen sie die hohe Motivation und Offenheit der Teilnehmenden für Unterstützungsangebote. Pflege brauche jedoch mehr als nur Assistenzsysteme – eine Balance zwischen schnellen Lösungen und langfristiger Perspektive sei notwendig. Zudem wurde die Chance zur Innovation und der Bedarf an mehr inter- und transdisziplinärer Zusammenarbeit betont, um Ingenieur:innen und Designer:innen besseren Zugang zu den Anwendungskontexten und Anwender:innen der Pflege zu ermöglichen.
Panel 3 widmete sich einem weiteren hochaktuellen Themenfeld: Gesundheitsdaten und dem Einsatz von Large-Language-Models in der Versorgungspraxis (Moderation: Prof. Dr. Wolfram Schenk, Kommentierung: Markus Felk (Momontum)). Dr. Alexander Neumann und Dr. Christoph Ostrau eröffneten den zweiten Konferenztag mit ihrem Vortrag „Mit GERD große Sprachmodelle für die Dokumentation im Gesundheits- und Sozialwesen optimieren“. GERD steht für „Generating and evaluating relevant documentation“ und ist eines der im Rahmen von TransCareTech entwickelten Werkzeuge, um mit Hilfe von Sprachmodellen Dokumentation datenschutzkonform und einrichtungsbezogen zu verarbeiten und zu erzeugen. So können beispielsweise Entlassbriefe, also Transferdokumente, die ein Krankenhaus nach der stationären Behandlung für die weitere Versorgung ausstellt, zukünftig durch KI-Werkzeuge effizienter ausgewertet und erstellt werden, was zur Entlastung des medizinischen Personals und zur Verbesserung der Versorgung beitragen soll.
Dr. Hasina Attaullah präsentierte in ihrem Vortrag „Smart Home trifft auf KI“ Innovationen im Bereich Datenschutz, Anomalieerkennung und Gesundheitsanwendungen, etwa für die Früherkennung von Abweichungen in Alltagsroutinen, die z.B. auf eine degenerative Erkrankung hinweisen können. Zukünftige Arbeiten werden sich auf die weitere Integration von KI in Smart-Home-Systeme und die Erforschung der Skalierbarkeit sowie der Herausforderungen bei der Implementierung in der realen Welt konzentrieren.
Panel 4 fokussierte schließlich einen Kernaspekt des Projektes: die inter- und transdisziplinäre Forschung zu Transformation in Care & Technology (Moderation: Prof. Dr. Anna Lena Rademaker, Kommentierung: Uwe Borchers (ZIG) und Dr. Ellen Schack (vBS Bethel)). Die Postdocs Dr. Katrin Kunze und Dr. Marcel Siegler identifizierten mit ihrem Vortrag „Wissenschafts-Praxis-Kooperationen – Empirische Ergebnisse interdisziplinärer und transformativer Prozessgestaltung im Projekt TransCareTech“ Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis in den CareTechHUBs und Reallaboren. Ihre Ergebnisse betonen die Bedeutung gemeinsamer Zielentwicklung und partizipativer Entscheidungsfindung, langfristige Ausrichtung (mind. fünf Jahre) und klar definierter Rollen innerhalb der Zusammenarbeit, um tragfähige Strukturen für nachhaltige Kooperationen aufzubauen. Anschließend illustrierte Dr. Havva Mazı die konkreten Bedingungen und Herausforderungen in einem der TransCareTech Reallabore: „Strukturaufbau für ein Reallabor Frühe Hilfen in Bielefeld: Wege für inter- und transdisziplinäre Forschung“. Hier soll ein Alltags-Experimentierraum geschaffen werden, um bedarfsgerechte, integrative und technologisch innovative Versorgungsformen für Familien in Bielefeld zu erproben. Die SWOT-Analyse zeigte, dass ein interdisziplinäres Team und gute Vernetzung mit Praxisakteur:innen großer Stärken sind, sich durch den wachsenden Bedarf an Frühen Hilfen Chancen, aber durch begrenzten Ressourcen und hoher Konkurrenz um Fördermittel auch Herausforderungen ergeben.
Neben der Nutzungsstudie für Exosuits wurde auch ein weiteres Forschungsdesiderat im Rahmen von TransCareTech entwickelt und adressiert: „Diversity as bridge-builder in assistive technologies“. Dr. Thekla Stefanou und Dr. Mariya Lorke betonten die Notwendigkeit der Berücksichtigung verschiedener Diversitätsfaktoren bei der Entwicklung, Erprobung und Anwendung von Technologien, die die Teilhabe von Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen, Geschlechtsidentitäten und kulturellen Hintergründen signifikant erhöhen.
Die Postdoktorand:innen, Professor:innen und Praxispartner im Projekt TransCareTech trugen während der letzten vier Jahre wesentlich dazu bei, die fachliche Expertise im Forschungsfeld im Wissenschaftsbereich zu stärken, und im Praxisbereich die zukunftsfähige Versorgung in der Region weiter voranzubringen. Für den Bereich Transfer und Innovation können diese Erkenntnisse und Arbeiten in die am 1.1.2025 gestartete „ISyCARE Innovationscommunity“ einfließen. Mit einem Ausblick auf die durch das BMBF im Rahmen von DATIpilot geförderte Community (2025-2028), deren Ziele, Kernstrukturen und Beteiligungsmöglichkeiten schloss Dr. Marén Schorch die Veranstaltung ab. In ISyCARE, ein Community-Projekt an der Hochschule Bielefeld. geleitet von Prof. Dr. Udo Seelmeyer, sollen Forschungsergebnisse durch effektiven Wissens- und Technologietransfer in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Anwendung gebracht werden, aber auch neue Innovationspotenziale erschlossen und soziale sowie technologische Innovationen mit einem großen regionalen Innovationsökosystem und vielen Praxispartnern adressiert werden.
Poster- und Demosession: Praxisnahe Einblicke in technologische Innovationen
Am zweiten Tag konnten die Teilnehmenden eine Poster- und Demosession besuchen. Die dreizehn vorgestellten Poster illustrieren zahlreiche, aktuelle Forschungs- und Entwicklungsthemen von TransCareTech und CareTech OWL. Hier gelangen Sie zur Übersicht über die Poster.
In der Demosession wurde sechs Beispiele für den Einsatz von Technologien im Bereich der gesundheitlichen Versorgung bzw. assistive Technologien präsentiert, vier davon aus dem Projekt TransCareTech, u.a. (1) das Virtual Reality Therapiesystem „CUREOsity“, (2) passive Exosuits zum Austesten, (3) große Sprachmodelle auf kostengünstigen und strom-/platzsparenden Geräten, (4) VR-Trainingsszenarien für die Pflegeausbildung (Weiterentwicklung aus dem Projekt ViRDiPA) sowie (5) eine Demo zum maschinellen Lernen unter Wahrung der Privatsphäre. Vom ISyM wurden aktuelle Entwicklungen im Bereich der Sensorik am Pflegebett demonstriert (Patientenüberwachung am Intensivpflegebett, basierend auf Multi-Domänen-Sensorfusion und adversarialem Lernen) und Prof. Dr. Thomas Hesse präsentierte eine Radar-basierte Vitaldaten-Erfassung in einem Pflegebett.
Danksagung
Ein spannendes, inter- und transdisziplinäres Großprojekt der Hochschule Bielefeld (HSBI) mit – über die Laufzeit – 17 Postdoktorand:innen aus zahlreichen Disziplinen ist in seiner Abschlussphase. Ein herausforderndes Vorhaben, dessen Erfolg die Unterstützung vieler engagierter Akteur:innen an der Hochschule Bielefeld und in der Praxis möglich wurde. Unser besonderer Dank gilt der Hochschulleitung, den betreuenden Mitarbeiter:innen der Personalabteilung und der Administration des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften und Mathematik, den Projektleitern, beteiligten Postdocs und Professor:innen von TransCareTech, dem VideoServices-Team für die professionelle Begleitung und Dokumentation der Abschlussveranstaltung und besonders unseren Praxispartner:innen für die wunderbare Kooperation während des Projektes.
Mehr Informationen zum Projekt TransCareTech finden Sie hier











