CareTech OWL Forschungstag am 4. Juli 2024
„Standortbestimmung“ unseres Forschungsverbunds

CareTech OWL Forschungstag
Für unseren diesjährigen Forschungstag am 4. Juli 2024 hatten wir uns eine Art „Standortbestimmung“ unseres Verbundes vorgenommen: Ziel war es, aktuelle Projekte, Fragestellungen und gemeinsame Forschungsfelder zu diskutieren, aber auch Forschungslücken und zukünftige Forschungsthemen zu identifizieren. Hintergrund ist hierbei eine der Herausforderungen unseres Forschungsverbunds, der wir immer wieder begegnen: Wie können wir die Komplexität an Fragestellungen, vor allem aber auch die verbindenden Forschungsaktivitäten der beteiligten 30 Professor:innen und über 60 assozierten Mitglieder (primär Postdocs) für Forschende in der HSBI, aber für unsere Praxispartner übersichtlich abbilden?
Ausgangspunkt der Diskussion war ein Vorschlag für die Clusterung der vielfältigen Themen anhand von fünf verbindenden Forschungsfeldern (die nachfolgend kurz erläutert werden), der durch das Leitungsteam von CareTech OWL eingebracht wurde (vgl. auch die eingebundene Strukturgrafik oben). Mitglieder des Verbundes nahmen in Kurzimpulsen eine erste systematisierende Bestandsaufnahme zu den jeweiligen Forschungsfeldern vor und leiteten damit in die Diskussion ein.
Die fünf vorgeschlagenen Cluster sind bewusst weit und nicht zu spezifisch gefasst, um möglichst die Vielfalt abzubilden, aber auch für externe Interessierte verständlich zu sein. Die Benennung der Forschungsfelder ist ein erster Vorschlag, der in Zukunft weiterentwickelt werden wird. Damit gehen wir aber einen wichtigen Schritt in Richtung Transparenz, was besonders für den transdisziplinären Dialog mit Praxis und Gesellschaft von großer Bedeutung ist. Die fünf Cluster fokussieren auf:
1. Humanmechatronik und Assistive Technologien (vorgestellt von Prof. Dr. Axel Schneider): In zahlreichen Projekten arbeiten wir an Technologien wie u.a. „intelligenten“ Pflegebetten zur Dekubitusprävention und Exosuits zur Unterstützung bei Hebeaktivitäten in der Pflege. Dabei ist die Entlastung von Pflegepersonal ein wichtiges Ziel. Gerade in dem Bereich stellen sich aber die Fragen: Wie bringen wir Grundlagen- und Anwendungsforschung sinnvoll zusammen? Wie können wir gemeinsam mit der Praxis Technologien trotz niedrigen Technology Readiness Level (TRL) entwickeln und testen?
2. Gesundheitsdaten und Künstliche Intelligenz (vorgestellt von Prof. Dr. Wolfram Schenck): Hier reicht die Bandbreite der Arbeiten von Smart Home Sensorik als assistive Technologien zur Erkennun von Verhaltensmustern und Unterstützung vom möglichst langen, selbstständigen Leben im eigenen Wohnumfeld bis zu dem Einsatz von Large Language Models zur Unterstützung im Gesundheits- und Sozialwesen (KI-gestützte Einordnung von Wunddiagnosen und Laborbefunden, Dokumentation sowie die automatisierte Analyse von Entlassbriefen in Krankenhäusern). Hier gilt es – auch zukünftig – besonders die Herausforderungen des Umgangs mit Daten (Datensicherheit und -schutz) und der konkreten Nutzung der Technologien für Fachkräfte und die Bevölkerung zu bearbeiten.
3. Bildungs- und Versorgungsforschung (vorgestellt von Prof.in Dr.Marisa Kaufhold): Dieser Schwerpunkt wurde anhand der Forschungs- und Praxiskooperationen im CareTech HUB „Gesundheitscampus Bad Salzuflen“ vorgestellt: Hier soll u.a. die Primärversorgung von Menschen mit Diabetes mellitus und die interprofessionelle Versorgung optimiert werden (vgl. auch das aktuelle HBSBI Projekt HIS4DiaPedes). Durch die Einrichtung von Gesundheitskiosken und die Anleitung von Advanced Practitioner Nurses ist es auch Ziel, die digitale Gesundheitskompetenz nachhaltig zu verbessern. Zukünftig ist hier eine noch stärkere Vernetzung der verschiedenen CTO Forschungsfelder (Nutzung von Schnittstellen, digitale Unterstützung der Versorgungsprozesse über Begleitforschung, Unterstützung der Implementierung, Qualifizierung, Evaluation, usw.) anzudenken und die Bildungsperspektive bei Lehre und Qualifizierung sowie bei den HUBs als Querschnittsthema verorten.
4. Arbeit, Organisation und Gesundheitsökonomie (vorgestellt von Prof.in Dr. Vivian Carstensen): Bereits vor der Pandemie litten Fachkräfte im Gesundheits- und Sozialwesen unter hoher Arbeitsbelastung, verschärft durch Fachkräftemangel und hohe Fluktuation und Krankenstand. Dieser Schwerpunkt beschäftigt sich u.a. mit folgenden interdisziplinären Fragestellungen: Wie können Einrichtungen im Gesundheitsbereich zukunftsfähig gemacht werden und Themen wie mentale Gesundheit und Prävention von belastungsbedingten Ausfällen am Arbeitsplatz adressiert werden? Wie bleiben diese Berufsfelder attraktiv für junge Menschen? Welche innovativen Arbeitsplatzkonzepte sind erforderlich?
5. Innovations- und Transformationsforschung (vorgestellt von Prof. Dr. Sebastian Bamberg): Der Impulsvortrag versuchte sich an einer Provokation, indem CareTech als „transfer-, aber nicht transformationsorientiert“ beschrieben wurde. Damit ist generell die Frage verbunden, wie man Transformation als wissenschaftliches Konzept theoretisch verorten kann (hier ist die vorgeschlagene Bezugsebene die Multi-Level-Perspektive) und wann man Innovationen als „transformativ“ in einem bestimmten gesellschaftlichen Bereich bezeichnen kann. Die anschließende, intensive Debatte reflektierte die Frage nach der transformativen Kraft der Aktivitäten unseres Forschungsverbunds anhand von Erfahrungen aus den verschiedenen Forschungsprojekten. Ob unsere Aktivitäten ausreichend „radikal“ sind, um persistente Probleme in der Praxis anzugehen, für „disruptive Veränderungen in der bisherigen Systemlogik“ zu sorgen und damit echtes Transformationspotenzial zu entfalten, bleibt noch offen. Und es stellte sich auch die Frage, ob dies wirklich Ziel unserer transdisziplinären Arbeiten ist.
Letztlich bieten auch„Neue Formen für Forschungs-, Innovations- und Transferprojekte“, wie sie in unserer DATIpilot Innovationscommunity „ISyCARE“angedacht sind, viel Potential in diese Richtung. Prof. Dr. Udo Seelmeyer und Dr. Marén Schorch, die CareTech OWL im ManagementTeam von ISyCARE vertreten, stellten das im Mai 2024 vom BMBF bewilligte CommunityProjekt, ebenfalls im Rahmen des Forschungstages vor. Hier werden Innovation und Transfer im Zentrum der Aktivitäten zur Verbesserung einer nutzerzentrierten Versorgung stehen.
Die abschließende gemeinsame Reflexion und Diskussion zum Zuschnitt und Profilierung der fünf Forschungsfelder knüpfte noch einmal an das Ziel der Standortbestimmung an: Auch wenn die fünf Forschungsfelder wesentliche Schwerpunkte der Forschungsthemen abdecken, ist deren genauer Zuschnitt und Bezeichnung noch weiter diskussionsbedürftig. Zukünftig sollen hier auch noch mehr die gemeinsamen Verbindungen herausgearbeitet, Synergien genutzt werden. Beispielsweise können die Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz und innovative, assistive Technologien für die Pflege unmittelbar zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Aufrechterhaltung der Gesundheit und Auffangen des Fachkräftemangels beitragen.
Zum Abschluss unserer Veranstaltung fand ein offener Ausklang beim Grillen statt.
Mit dem diesjährigen Forschungstag konnte erfolgreich an die Veranstaltung des letzten Jahres angeknüpft werden. Hier geht es zum Artikel des letzten Jahres.
Donnerstag, 4. Juli 2024, 14:00 - 18:30 Uhr
Ort: HSBI, Forschungsbau, Kurt-Schumacher-Straße 6, 33615 Bielefeld
Programm:
14:00 Uhr: | Begrüßung und Organisatorisches |
14:10 Uhr: | Neue Formen für Forschungs-, Innovations- und Transferprojekte |
14:40 Uhr: | CareTech OWL – Vorschlag zur Clusterung unserer Forschungsfelder im Verbund (Intro zu den fünf nachfolgend vorgestellten Forschungsfeldern) |
14:45 Uhr: | Humanmechatronik und assistive Technologien |
15:15 Uhr: | Gesundheitsdaten und Künstliche Intelligenz |
15:45 Uhr: | Technik in Bildungs- und Versorgungsprozessen |
16:45 Uhr: | Arbeit, Organisation und Ökonomie im Carebereich |
17:15 Uhr: | Innovations- und Transformationsforschung |
17:45 Uhr: | Gemeinsame Reflexion und Diskussion zu Zuschnitt und Profilierung der fünf Forschungsfelder |
18:30 Uhr: | Abschluss und Ausklang mit Grillen |



